Meine Henkersmahlzeit wäre “Himmel un Äd” (“Himmel und Erde”), die kulinarische Himmelfahrt aus meiner rheinländischen Heimat: Gebratene Blutwurst und Zwiebeln an Kartoffelstampf mit Apfelkompott, wobei ich die Blutwurst gegen eine vegane Variante ersetze und etwas Thymian hinzugebe. Lecker!

“Himmel” steht für die Äpfel oben vom Baum, “Äd” für die Kartoffel aus der Erde. Auf Kochformel.de findet sich das Rezept zu dieser rheinländischen Nationalhymne originell illustriert.

Sind bei “Himmel un Äd” Jenseits und Diesseits auf dem Teller klar getrennt, wird es bei Nahtod-Erlebnissen wissenschaftlich betrachtet schon schwieriger. Das ist zumindest der Eindruck, den die Interviews von Franz Dschulnigg und die Magisterarbeit “Nahtoderfahrungen im Vergleich” von Mario Brugger zum aktuellen Forschungsstand hinterlassen.

Jenseits als ultimative Realität?

Franz Dschulnigg bemerkenswertes Fazit

“Das Jenseits ist die wahre Welt und unsere geistige Heimat.”

hat mich nicht mehr losgelassen. Quantenphysiker wie der frisch gekürte Nobelpreisträger (und Christ) Anton Zeilinger denken ebenfalls, dass sich die hiesige Realität aus einer dahinterliegenden Informationsquelle speist (mehr dazu am “Abend der Wahrheit”). Ist die eigentliche und ultimative Realität das Jenseits – und eben nicht das Diesseits? Gaukeln unsere irdische Wahrnehmung und Empfindungen diesseitige Realität nur vor? Sind daher Nahtod-Erlebnisse wissenschaftlich betrachtet nicht viel mehr Nahleben-Erlebnisse?

Dafür sprechen wiederkehrende Merkmale in den Schilderungen der Betroffenen:

  • Aufhebung von Raum und Zeit bei unbegrenztem Wissen.
  • Lebensrück- und -überblick in seiner vollen Tragweite und allen Konsequenzen.
  • Verbundenheit mit allen Menschen.
  • Empfindung tiefen Friedens, Liebe und Annahme. Erfahrung unbeschreiblicher Schönheit (visuell, akustisch, geistlich).

Dafür sprechen außerdem wiederkehrende Einsichten der Betroffenen:

  • Das Jenseits ist realer/wahrer als das Diesseits. Es erscheint als Parallelwelt, deren Eintritt einem Gleiswechsel ähnelt.
  • Das Jenseits ist die ursprüngliche Heimat.
  • Irdische Körperlichkeit, Geist und Wissen unterliegen deutlichen Beschränkungen.
  • Das Leben ist eine Aufgabe in Verantwortlichkeit.

Hältst Du Nahtoderfahrungen für glaubwürdig?

Folgt man der erwähnten Magisterarbeit von Mario Brugger, so sprechen dafür auch die Veränderungen, die ein Nahtod-Erlebnis auf das Leben der Betroffenen hat:

1. Selbstakzeptanz und anderes Selbstbild
  • Liebevollerer Selbstumgang, gesteigertes Selbstwertgefühl und Selbstannahme. Mehr Selbstvertrauen, weniger Unsicherheiten, leichtere Entscheidungsfindung.
  • Erfüllteres Leben durch mehr Mitgefühl und inniger Verbindung mit anderen Menschen. Versöhnlicher sowie toleranter, weniger urteilen über andere Menschen.
  • Bedürfnis, anderen Menschen nützlich zu sein, zu helfen und im Alltag zu unterstützen.
  • Neue Denkmuster in großen Zusammenhängen, weniger in Details.
2. Wertschätzung des eigenen Lebens
  • Gewandeltes Verständnis zum Sinn des Lebens. Leben wird als einzigartige Aufgabe wahrgenommen.
  • Bedeutungsrelativierung von Status und Besitz, mehr Einsatz für bleibende Werte. Distanzierung von den heutigen gesellschaftlichen Wettbewerbsstrukturen.
  • Wertschätzung der kleinen Dinge im Alltag, des gegenwärtigen Augenblicks.
  • Unabhängigkeit von Beschränkungen sozialer Normen und der Gesellschaft.
3. Geistig-geistliche Neuorientierung sowie Sensibilität
  • Gesteigerte Neugierde und Wissensdrang, besonders zu theologischen Fragen. Starkes Interesse an Philosophie, Psychologie, Naturwissenschaft und Quantenphysik.
  • Die Sinnhaftigkeit des Lebens (und tw. auch des Leides) wird nicht mehr angezweifelt.
  • Spirituelle Offenheit bei nachlassendem Interesse an traditionellen Religionen.
  • Manchmal höhere Lärmempfindlichkeit mit Vorliebe für Stille und beruhigende Musik. Vermeidung von Orten mit (zu) vielen Menschen.

Sowohl die Interviews als auch die Magisterarbeit vermitteln, dass ein Nahtod-Erlebnis in den allermeisten Fällen zu einer zuvor unerreichten, höheren Lebensqualität führt. Die Betroffenen zeigen sich dankbar und glücklich, diese Erfahrung gemacht zu haben. Sie haben keine Angst mehr vor dem Tod.

Alternative zum Nahtod-Erlebnis

Der Schluss, dass ein Nahtod-Erlebnis wissenschaftlich betrachtet “näher” zum wahren Leben führt, also eher ein “Nahleben-Erlebnis” ist, erscheint berechtigt. So wie “Himmel un Äd” auf demselben Teller liegen, sind Diesseits und Jenseits ein und dieselbe Realität. Vielleicht das Jenseits noch mehr als das Diesseits. Wir alle werden es eines Tages erfahren.

Ein Nahtod-Erlebnis kann den eigenen Kompass justieren und zu einem gelingenden Lebensvollzug verhelfen. Aber ist dazu ein Nahtod-Erlebnis der einzige Weg? Die gute Nachricht ist: Nein.

Wissenschaftliche Forschungen zu kontemplativen Gebetsformen belegen überraschend ähnliche Veränderungen bei den Probanden. Gebet ist ein alternativer und wohl auch “angenehmerer” Weg, der Wahrheit, dem Leben näherzukommen!

Foto: Florian Michel / Kochformel.de

Mehr am “Abend der Klarheit” mit der Frage: “Wie erotisch ist Gebet?”

Wie effektiv ist Gebet?

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