Kann es Freundschaft zwischen Göttern und Menschen geben? Wahre Freundschaft ist ja schon unter uns Menschen nicht einfach…

Dazu ein kleines Gedankenexperiment: Stell Dir vor, Du bekämst bei Facebook & Co. die Freundschaftsanfrage – falls Du Frau bist – von einer Top-Prominenten, andernfalls von einem Top-Prominenten. Es geht also um eine Frau-Frau oder Mann-Mann Freundschaft.

“Sicher wieder irgend so ein Witzbold mit Fake-Profil,” denkst Du und prüfst skeptisch die Timeline, dann das Impressum, schließlich bemerkst Du die Hunderttausenden an Followern – hmh, irgendwie sieht das aber alles ziemlich echt aus! Während Du weiter rätselst, kommt plötzlich vom Messenger das “Pling”:

“Hallo (Dein Vorname), ich find’ Dich echt sympathisch und würde gerne Dein/e Freund/in werden. Hier hast Du meine Handynummer, aber gib sie bitte nicht weiter! Freue mich auf einen Anruf.”

Nun besteht kein Zweifel mehr (in Gedankenexperimenten ist alles simpler als im realen Leben): Das ist die/der echte Promi! Meine Frage an Dich lautet: Würdest Du anrufen?

Würdest Du die Freundschaftsanfrage eines Prominenten annehmen?

Vielleicht würdest Du Dich zunächst geschmeichelt oder geehrt fühlen. Vielleicht bist Du einfach nur neugierig auf ein privates Gespräch? Möglicherweise denkst Du auch:

  • Wieso ich? Was findet die/der an mir?
  • Worüber wollen wir reden? Die/der kommt doch aus einer ganz anderen “Welt”?
  • Was versteht die/der denn von meinen Sehnsüchten, Problemen und Sorgen? Und ich von ihren/seinen?
Erfolgsfaktoren für Freundschaft

Diese Überlegungen berühren das Wesen von Freundschaft, über das schon der Philosoph Aristoteles (384-322 v. Chr.) sinniert hat. Ihm nach gibt es für echte Freundschaft “Erfolgsfaktoren”, sofern Freundschaft nicht bloß auf Spaß oder Nutzen abzielt:

  1. Gleichheit/Ebenbürtigkeit
  2. Gegenseitigkeit
  3. Kommunikation
  4. dem anderen Wohlwollen

Rund 1500 Jahre später, im 13. Jahrhundert, sitzt ein Dominikanermönch und Philosoph namens Thomas von Aquin über den Texten von Aristoteles. Und Thomas wagt eine für seine Epoche ungeheure Konsequenz: Kann es diese Freundschaft auch zwischen Gott und dem Menschen geben?

Unzählige Predigten und Lehren auf YouTube gehen davon völlig selbstverständlich aus. Wie das? Was spricht für so eine gewagte Überlegung – die Juden, die ja noch nicht einmal das Tetragramm JHWH oder das Wort “Gott” auszusprechen wagen, mit Kopfschütteln quittieren. Und Muslime entschieden zurückweisen würden. Der ewige, unendliche, alles übersteigende Gott in der Hauptrolle einer Fortsetzung von “Ziemlich beste Freunde” – völlig meschugge!?

Christen als Gottesfreunde?

Wieso versteigen sich ausgerechnet Christen so in die Annahme, Freunde Gottes sein zu können? Die biblischen Zeugnisse liefern erste Indizien:

An drei Stellen nennt die Bibel Abraham

“Freund Gottes“ (2Chr 20,7; Jes 41,8; Jak 2,32)

Gott redete mit Mose

“wie ein Mann mit seinem Freund redet“ (2Mo 33,11)

Von Jesus ist überliefert:

“Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht hat keine Einsicht in das Tun seines Herrn; vielmehr habe ich euch Freunde genannt (…).” (Joh 15,15)

Klingt ja schön und gut. Aber hier meldet sich der Religionsphilosoph in mir und fragt, ob das denn auch rational nachvollziehbar ist?

Gott Mensch Freund

Kann es echte Freundschaft zwischen Göttern und Menschen geben? Landen wir da nicht in abenteuerlichen Göttermythen? Und wenn doch: wie ist das praktisch vorstellbar?

1. Gleichheit/Ebenbürtigkeit

Im Christentum legt Gott mit seinen drei Seinsweisen Vater, Sohn und Geist selbst das Fundament, auf dem die Freundschaft des Menschen zu ihm entstehen kann. Und zwar indem er sich zu ihm hinabbeugt, selbst Mensch wird und sich dem Menschen gleich macht. Ein erstaunliches und – wenn man so will – “effektives” Alleinstellungsmerkmal, das die Gott-Mensch-Ungleichheit als wohl wichtigsten, vernünftigen Einwand entkräftet.

2. Gegenseitigkeit

Im Christentum ist Gottes Wesen reine Liebe. Indem der Mensch liebt, erreicht der Mensch Gott, wie Gott in sich ganz selbst ist. Und umgekehrt wird Gott in der Liebe des Menschen Freund. Damit wird auch dieses Kriterium erfüllt.

3. Kommunikation

Die Imposanz der Schöpfung und das Leben Jesu sind ausgehende Selbstmitteilungen göttlichen Lebens. Der Mensch vermag in anbetendem Lebensvollzug kraft seiner Vernunft antworten.

Moral ist darin nicht, wie verbreitet missverstanden, Forderung an den Menschen. Auch nicht Gehorsam gegenüber einem unpersönlichen Vernunftgesetz, wie die Aufklärung, allen voran der Philosoph Kant vermutete. Es ist vielmehr des Menschen Antwort auf Gottes zuvorkommende, vorauslaufende Liebe im göttlichen Kommunikationsmodell.

4. Wohlwollen

Wir werden einander zu Freunden,

  • indem wir den anderen Gutes wünschen,
  • unser Leben mit ihnen teilen und
  • uns ihre Ziele und Anliegen zu eigen machen.

Nichts anderes geschieht in der Freundschaft des Menschen mit Gott: Wir machen uns seine Sache zu eigen und stellen uns ihm für sein Wirken in der Welt zur Verfügung – nicht aus eigenen Kräften, sondern weil wir durch seine Berufung und Gnade dazu befähigt werden.

Ein Freund, ein guter Freund

Ich meine, das Konzept von der Freundschaft Gottes mit dem Menschen ist im Christentum bei vernünftiger Betrachtung gar nicht so abwegig. Und da der christliche Gott dreifaltig ist, bietet er mit Vater, Sohn, Geist gleich drei Zugänge an. Da ist für jeden etwas dabei, wenn ich das mal so sagen darf.

Wer und wie Gott ist, wie Du Deine Freundschaft zu ihm beginnen oder vertiefen kannst, erfährst Du am “Abend der Einheit“. Thomas von Aquin wird auch da sein.

Ein Freund ein guter Freund

Und wir werden “Freundschaft” etwas schlichter, aber nicht minder ergreifend in einem bekannten Refrain des UFA-Films “Die Drei von der Tankstelle” zusammenfassen:

Ein Freund, ein guter Freund,
das ist das Beste, was es gibt auf der Welt.
Ein Freund bleibt immer Freund,
auch wenn die ganze Welt zusammenfällt.
Drum sei auch nie betrübt,
wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt.
Ein Freund, ein guter Freund,
das ist der größte Schatz, den’s gibt.

(Robert Gilbert)

Titelfoto: Playground AI

Mehr am “Abend der Einheit” mit der Frage: “Wie viel ist Gott?”

Wer ist Gott?

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